Samstag, 22. August 2015
NORDKIRCHEN. Etwa ein Jahr lang hat Hubert
Kersting, Vorsitzender des Heimatvereins, für sein Buch
über das Leben in Nordkirchen zwischen 1933 und 1945 recherchiert,
zusammengetragen und geschrieben. Am kommenden Dienstag wird der
Hobby-Historiker das 220 Seiten starke Werk
vorstellen. Mit den Ruhr Nachrichten sprach Kersting
über die Entstehung des Buches und wie das Leben in der Schlossgemeinde in der
NS-Zeit war.
Hubert Kersting hat ein Jahr lang für das Buch „Krieg Flucht Frieden“ recherchiert und geschrieben. Am Dienstag wird es vorgestellt. FOTO: Laouari
Im Mittelpunkt seiner Recherchen sollten die
lokalen, menschlichen Geschichten stehen, erklärt Kersting.
Deshalb hat er viele Gespräche mit Zeitzeugen geführt. Viele sind heute über 80
Jahre alt. „Eigentlich hätte man ein solches Buch schon vor 10, besser 20,
Jahren schreiben sollen“, sagt Kersting rückblickend.
Die persönlichen Schicksale nehmen in dem
Buch „Krieg Flucht Frieden“ einen zentralen Teil ein. Unter anderem hat der
Hobby-Historiker die Geschichte der Lehrerin Elisabeth Ernst, Namensgeberin der
Elisabeth-Ernst-Grundschule in Südkirchen, beleuchtet. Ernst hatte sich als
strenggläubige Christin dagegen gewehrt, das Gedankengut der
Nationalsozialisten zu verbreiten. 1936 wurde sie deshalb zwangspensioniert.
Akribische Suche
Bei seiner akribischen Suche nach Quellen hat
der Nordkirchener auch viele historische Dokumente
gesichtet und in sein Werk mit aufgenommen. Darunter sind viele Fotos aus den
30er- und 40er-Jahren, Postkarten, Zeitungsartikel, Briefe von der Front und
offizielle Schreiben. Zum Beispiel dokumentiert Kersting
den erzwungenen Ruhestand von Elisabeth Ernst mit einem Schreiben der
Kreisleitung Lüdinghausen der NSDAP aus dem Jahr 1936. Außerdem hat der
Hobby-Historiker viele Briefe von der Front und aus der Kriegsgefangenschaft
gefunden. Besonders schwer lesen sich Schreiben, in denen die Familien der Nordkirchener Soldaten über den Tod ihrer Ehemänner oder
Söhne informiert werden.
An einige solcher Dokumente
kam Kersting auch durch die große Unterstützung für
sein Projekt. Von der Hilfsbereitschaft der Gemeinde, privater Helfer und auch
vieler Nordkirchener Unternehmen ist Kersting immer noch begeistert. Nachdem sein Vorhaben die
Runde gemacht habe, seien zahlreiche Nordkirchener zu
ihm gekommen und haben ihre Unterstützung angeboten.
Umfassendes Bild
Am Ende gelang es Kersting,
ein umfassendes Bild – nicht nur aus dem Alltag der Nordkirchener
während der NS-Zeit – zu zeichnen, sondern auch aus der Zeit danach: dem
Machtvakuum, das nach Kriegsende geherrscht hat, und dem Schicksal vieler
Vertriebener und Flüchtlinge, das heute aktueller denn je ist. Karim.Laouari@mdhl.de
Audio Hubert Kersting liest aus einem Brief von 1944